Zum Schwob

... oder, wie Politik tickt

... wie die Politik funktioniert


Christdemokratische Politik
Sie besitzen als Großbauer neben Ihren Milchkühen zwei
Arbeitspferde. Ihr Nachbar besitzt keines. Sie fühlen sich,
ob des geschundenen Körpers Ihres Nachbarn, christlich
moralisch verpflichtet. Sie werden Ihrem Nachbarn eines
Ihrer Pferde zum nächsten Weihnachtsfest schenken. Spä-
testens zu Ostern bereuen Sie es und überreden Ihren Nach-
barn, sich einen Zugochsen zu kaufen, damit Sie Ihr Arbeits-
pferd wieder zurückbekommen. Ihr Nachbar verschuldet sich
jedoch mit dem Kauf des Zugochsens. Sie fühlen sich erneut
christlich moralisch verpflichtet, das Elend Ihres Nachbarn ab-
zumildern. Sie entscheiden sich zum nächsten Weihnachtsfest
ein Arbeitspferd zu verkaufen, um Ihren Nachbarn aus der
Überschuldung auszulösen. Spätestens zum nächsten Osterfest
werden Ihnen Zweifel an der Sinnhaftigkeit Ihres christlich mo-
ralischen Handelns kommen.


Sozial aufgestellte Politik
Sie besitzen als Milchproduzent sechs Milchkühe. Ihr Nachbar
besitzt lediglich 4 Milchkühe. Bei der nächsten Wahl wählen
Sie die Sozialdemokraten in die Regierung. Diese führen nach
kurzer Regierungsarbeit eine neu geschaffene Milchsteuer ein,
die Ihre Milchproduktion angeblich sozial abgefedert besteuern
soll. Das zwingt Sie, innerhalb eines Jahres eine Ihrer Milchkühe
zu verkaufen, um die Abgabenlast aufgrund Ihrer hohen Milch-
produktion zu reduzieren. Die von Ihnen gewählten Politiker füh-
ren kurz darauf eine Milchmindestproduzentenquotierung ein,
damit Kleinproduzenten aus der neu geschaffenen Milchsteuer
Unterstützungsgelder zum Kauf neuer Milchkühe gewährt werden
kann. Ihr Nachbar schafft sich nun eine vom Staat subventionierte
Milchkuh an und hat jetzt die gleiche Milchquote wie Sie. Sie fühlen
sich nun mit Ihren 5 Milchkühen zwar sozial vereint mit Ihrem Nach-
barn, nun aber plagen Sie des Nachts Albträume von ständig wechs-
elnden Steuerplanungen Ihrer Partei.


Sozialistisch orientierte Politik
Sie besitzen als Milchproduzent sechs Milchkühe. Ihrem Nachbar
sterben zwei von vier Milchkühen. Die Regierung nimmt Ihnen per
Dekret eine Milchkuh ab, da die Milchquoten nun ungleichgewichtig
zwischen Ihnen und Ihrem Nachbarn verteilt sind. Um künftig sol-
chen Ungleichgewichte im gelebten Sozialismus vorzubeugen, werden
Sie per neu ausformulierten landwirtschaftlich orientierten staatlichen
Regularien gezwungen, eine Milchproduzentengenossenschaft mit
Ihrem Nachbarn zu gründen. Sie benötigen ab jetzt den Milchertrag
Ihres Nachbarn, um die festgelegte Milchquote der neuen Genossen-
schaft zu erfüllen. Sinniger Weise wird die Milchquote in einer Höhe
festgelegt, die Sie zuvor auch mit Ihren sechs Milchkühen erfüllt
hätten. Sie hegen in naher Zukunft Zweifel am umgesetzten Sozia-
lismus.


Liberale, marktwirtschaftlich orientierte Politik
Sie besitzen als Milchproduzent sechs Milchkühe. Ihr Nachbar besitzt
lediglich 4 Milchkühe. Obwohl Sie bei der nächsten Wahl die Sozialde-
mokraten wählen könnten, bleiben Sie Ihrer liberalen Gesinnung treu
und wählen FDP. Jetzt, nach den Wahlen, wo Sie vermehrt am Stamm-
tisch auf die Ungleichgewichtung in den Milchställen der mittelständi-
schen Betriebe angesprochen werden, argumentieren Sie mit den Vor-
zügen der freien Marktwirtschaft und deren betriebswirtschaftlichen
Gesetze. Würde Ihr Nachbar seinen privaten Konsum nach dem ledig-
lich Überlebensnotwendigen ausrichten, könne er in absehbarer Zeit
bei Brot und Wasser genug Investitionskapital generieren, um sich
zwei weitere Milchkühe anzuschaffen. So lange sich Ihr Nachbar auf
dem bisher erreichten ausruht und dem vollen Teller näher als dem
vollen Stall ist, gilt nach Ihrer Meinung das Gesetz der freien Markt-
wirtschaft: „Den großen Teilnehmern der Marktwirtschaft gebührt das
Größere, dem Nachbarn muss der Rest genügen“.


Grün dominierte Politik
Sie besitzen als Milchproduzent sechs Milchkühe. Sie richten für sich
im Umkreis von 500 Metern um Ihren Stall eine Umweltzone ein und
lassen tagsüber Ihre Kühe „artgerecht“ grasen. Nachdem über die Jah-
re hinweg die Diskussion um das Methangas immer lauter wurde, bin-
den Sie den Kühen Ballons auf die Ärsche. Darüber fangen Sie das Gas
auf. Um die Emissionen zu filtern, bauen Sie eine Methangas-Recycling-
Anlage und beantragen zur Entsorgung des gebündelten Gases den Grü-
nen Punkt. Dieser wird Ihnen schon allein deshalb verwehrt, weil es sich
lediglich um „stinkende Luft“ handelt, die aufgrund der Belastungsan-
sammlung durch Ihre Anlage als Sondermüll einzustufen ist. Da parallel
ein Feststellungskatalog zur umweltverträglichen Vereinbarkeit Ihrer sel-
bst eingerichteten Umweltzone eingerichtet wurde, erfolgt die Aberken-
nung Ihrer Umweltzone. Die nun per Erlass zwanghaft wieder eingeführte
Stallhaltung führt zu einer erheblichen Reduzierung Ihrer Milchproduktion.
Aufgrund der betriebswirtschaftlichen Zwänge können Sie Ihre Stallhaltung
nicht länger aufrechterhalten. Sie stellen die Kühe wieder auf die umliegen-
den Wiesen. Sie werden, entsprechend eines grünen dominierten Umwelt-
ressor aufgefordert, künftig einen Klimaschadenskompensationsbeitrag für
das von Ihren Kühen ausströmende Methangas zu entrichten. Diese Gelder
dienen zu Forschungszwecken, die sich damit auseinander setzen, in wel-
chem Verhältnis sich die ländlich dominierte Milchwirtschaft mit ihrer Frei-
landhaltung schädlich gegenüber dem Autoverkehr verhält. Nun erhalten
Sie am Ende eines Jahres den monetären Mehraufwand für Ihren Anteil am
Kompensationsbetrag zu Ihrer Milchproduktion auf Antrag bei der EU als
Fördermittel zur bäuerlichen Strukturerhaltungssicherung von Milchbetrie-
ben zurück.


Diktatorisch gesteuerte Politik
Sie besitzen als schwäbischer Milchproduzent sechs Milchkühe. Ihr Nachbar,
ein Vetter des Bruders vom Bürgermeister, kann erreichen, dass Ihnen über
die Zentralregulierungsstelle für agrarwirtschaftliche Erzeugnisse aufgrund
einer unterstellten misswirtschaftlich orientierten Milchproduktion, die sich
nicht am Aufwands-Ertragsmakulaturzyklus der Zentralregierung orientiere,
zwei Milchkühe entzogen werden, um dem Verdacht einer Potentialunter-
steuerung eines Milchbauern vorzubeugen. Kurze Zeit später fährt eine De-
legation von 6 Staatsbediensteten auf Ihren Hof. Diese legen Ihnen ein De-
kret des Gouverneurs vor, das besagt, dass Ihnen wegen des Verdachts der
misswirtschaftlichen Milchviehhaltung im operativen Budgetregulierungsum-
fanges für privat genutzte Milchkühe 2 weitere Kühe mit sofortigem Vollzug
zu entziehen sind, um einer nicht zentral gesteuerten Milchübergabe an die
Bevölkerung Einhalt zu gebieten. Die entzogenen Milchkühe sind dem Kuhstall
Ihres Nachbarn zu überführen. Langsam kommen Ihnen Zweifel an den bisher
eher positiven Empfindungen zu Ihrem Staatspräsidenten. Durch eine Verun-
glimpfung Ihres Nachbarn müssen Sie sich vor dem Bezirksgericht wegen des
Verdachtes monetärer und unversteuerter Vorteilsnahme und unterstellter Ka-
pitalflucht aus den Erträgen aus Ihrer Milchwirtschaft verantworten. Sie werden
ohne weitere Anhörung in das Zentralgefängnis eingewiesen, deren Vollzug so-
fort durchgeführt wird. In der Zwischenzeit werden Ihre verbleibenden 2 Milch-
kühe von Ihrem Nachbarn versorgt. Nach 3 Monaten werden Sie wieder nach
Hause geschickt. Zwischenzeitlich liegt eine Schadens- und Aufwandsklage
Ihres Nachbarn beim Staatsrat vor. Dieser erkennt an, dass Ihrem Nachbarn
aufgrund seines enormen Zeitopfers, den dieser für Ihre Milchkühe während
Ihres Aufenthaltes im Zentralgefängnis aufgewendet hat, das künftige Eigen-
tum an Ihren Kühen zustehe. Vor lauter Wut zünden Sie Ihren nun leeren Kuh-
stall an. Darauf werden Sie des mutwilligen und vorsätzlichen Zerstörens von
landwirtschaftlich nutzbaren Agrargütern angeklagt und im Namen des Volkes
zu 6 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Im Rahmen der staatlich geregelten Reso-
zialisierung wird Ihnen auferlegt, dass Sie in den nächsten 6 Jahren die Kühe
Ihres Nachbarn versorgen müssen.


Kommunistisch geprägte Politik
Sie besitzen privat, in einem von Armut gesteuerten Land, zwei Milchkühe,
mit denen Sie Ihren kargen Grundlohn aus der staatlichen Fabrik aufbessern.
Ihr Nachbar besitzt keine. Ihr Nachbar wechselt in die Politik. Dort gelingt es
ihm über Vetternwirtschaft, Korruption und unmoralisches Handeln, einfluss-
reiche Mentoren auf sich aufmerksam zu machen, die seine Politikerlaufbahn
festigen. Ab dem Zeitpunkt, an dem er seine Seele dem Kommunismus als
Pfand übergeben hat, gelingt ihm selbst der Einzug in das oberste Zentralor-
gan der Partei. Sein Einfluss ist nun so groß, dass er die für Sie zuständige
Bezirksverwaltung so beeinflussen kann, dass diese Ihnen beide Kühe zum
Wohle des Volkes beschlagnahmen lässt. Die Bezirksverwaltung übergibt bei-
de Kühe Ihrem Nachbarn als Naturalbeigabe zum vaterländischen Bruderor-
den in Anerkennung seiner Politikertätigkeit zum Wohle des Staates. Von nun
an verkauft Ihr Nachbar Ihnen und der gesamten Dorfgemeinschaft die Milch
von Ihren ehemaligen Kühen. Sie stehen seitdem stundenlang für die Milch an,
die Sie bisher gemolken und der Dorfgemeinschaft verkauft hatten. Aufgrund
der grassierenden Vetternwirtschaft korrupter Politiker fehlt der Bezirksverwal-
tung das Geld, um die marode Kühlanlage in der verstaatlichten Dorfmolkerei
zu reparieren. Bis Sie mit dem Milchkauf für Ihre Kinder an der Reihe sind, ist
Ihre ehemalige frisch gemolkene Milch aufgrund der fehlenden Kühlung sauer
geworden. Sie auch!

Bis die Tage ...
Euer Schwob


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